Refertilisierung des Mannes
Unter einer Refertilisierung des Mannes versteht man die operative Wiederherstellung der Samenleiter. Männer, bei denen diese durchtrennt oder undurchlässig sind, können durch einen mikrochirurgischen Eingriff wieder zeugungsfähig werden. Dieser sollte von einem erfahrenen Spezialisten ausgeführt werden, denn Ärzte mit hohen Operationszahlen erzielen bei diesem Eingriff zugleich oft bessere Ergebnisse. Als Operationsverfahren wird die Vasovasostomie, in besonderen Fällen die Tubulovasostomie, durchgeführt.
Die Refertilisierung ist eine Alternative zur künstlichen Befruchtung. Sie ermöglicht es dem Mann, auf natürlichem Weg ein Kind zu zeugen und nimmt der Frau zugleich auch ein Stück weit die psychische und körperliche Belastung, welche sie bei einer assistierten Befruchtung erfahren würde. Oftmals ist die Wiederherstellung der Samenleiter auch unter dem finanziellen Aspekt deutlich günstiger.
Gründe für eine Refertilisierung
Die Refertilisierung dient zur Wiederherstellung der Fruchtbarkeit. Sie wird hauptsächlich als Rückoperation einer vorangegangenen Sterilisation des Mannes durchgeführt, denn etwa jeder zehnte Mann möchte die Vasektomie zu einem späteren Zeitpunkt wieder rückgängig machen. Auch nach einer versehentlichen Samenleiterdurchtrennung im Verlauf von Operationen (z.B. Leistenbruchoperation), kann durch eine Refertilisierung die Zeugungsfähigkeit des Mannes wieder hergestellt werden.
Des Weiteren kann durch die Refertilisierung ein Verschluss der Samenleiter umgangen bzw. beseitigt werden. Insbesondere Entzündungen können zu dieser Undurchlässigkeit führen. Hauptsächlich tritt dieser Fall in Folge einer Infektion mit Geschlechtskrankheiten ein. Überwiegend handelt es sich um Bakterien aus der Familie der Chlamydien. Ebenso ist der Samenleiterverschluss in Folge einer Prostataentzündung (Prostatitis) möglich.
Operationsverfahren
Die Refertilisierung erfolgt mit Unterstützung von einem speziellen OP-Mikroskop sowie feinsten chirurgischen Instrumenten. Zudem stellt dieser Eingriff besondere Voraussetzungen an den Operateur. Neben einem besonderen Fingerspitzengefühl und einer ruhigen Hand ist auch ausreichend Erfahrung für das Gelingen der OP unabdingbar. Gute Erfolgschancen bestehen bei jüngeren Männern, deren Sterilisation erst wenige Monate oder Jahre zurück liegt. Mit jedem vergangenen Jahr sinkt dagegen die Wahrscheinlichkeit auf eine erfolgreiche Wiederherstellung der Samenleiter. Aus diesem Grund sollten sich interessierte Paare beizeiten durch einen auf die Refertilisierung spezialisierten Urologen in einem persönlichen Gespräch beraten lassen.
Am Tag der Operation muss der Bereich am Hodensack besonders gründlich gereinigt und rasiert werden. Ob der Eingriff ambulant oder stationär durchgeführt wird, hängt von der Klinik bzw. Praxis sowie dem Wunsch des Patienten ab. Entsprechend dieser Entscheidung erhält der Mann vor OP-Beginn eine Teil- oder Vollnarkose. Anschließend beginnt der Arzt seine Arbeit. Um Zugang zu den Samenleiterenden zu erlangen, wird die Haut am Hodensack durch zwei Einschnitte an den entsprechenden Stellen geöffnet. Die beiden Teile vom nun freiliegenden Samenleiter werden im nächsten Schritt von den vernarbten Enden befreit. Anschließend sollte aus dem Teilstück, welches im Nebenhoden mündet, Samenflüssigkeit austreten. Diese wird im Labor auf Anzahl und Qualität der Samenzellen getestet. Das daraus resultierende Ergebnis entscheidet über die weitere Vorgehensweise. Parallel wird das andere Samenleiterende mit einer Lösung gespült und die Durchlässigkeit wird geprüft.
Hat die Samenflüssigkeit den Labortest bestanden und ist die Durchlässigkeit der Kanäle gewährleistet, werden die zusammengehörigen Teilstücke miteinander vernäht. In den vergangenen Jahren hat sich dabei das mehrschichtige Verfahren durchgesetzt. Sowohl die innere als auch die äußere Schicht des Samenleiters werden gesondert vernäht.
Bei dem mehrschichtigen, wie auch beim einschichtigen Verfahren, wird ein extrem filigraner Faden verwendet. Dieser ist deutlich dünner als ein Menschenhaar und soll die Enden für die nächsten Monate bis zu ihrem Verwachsen zusammenhalten.
Die so verbundenen Samenleiter werden im Hodensack in ihre endgültige Position gebracht und die anfangs geöffnete Haut vom Hodensack wird mittels resorbierbarem Nahtmaterial wieder verschlossen. Dieses Prozedere wird mit dem gegenüberliegenden Samenleiter wiederholt.
Der Durchgängigkeitstest im Verlauf der operativen Refertilisierung hat bei etwa jedem vierten Patienten ein negatives Ergebnis. Bei diesen Männern sind im zuführenden Samenleiter keine Spermatozoen (Spermien) zu finden. Ursächlich ist der Verschluss des Nebenhodens aufgrund einer vorangegangenen Entzündung der Nebenhodenkanälchen.
Aber auch dann ist eine Wiederherstellung der Fruchtbarkeit möglich, indem der Samenleiter direkt mit dem Nebenhodenkanälchen verbunden und der blockierte Abschnitt umgangen wird. Dieses Verfahren kann mit einer Umgehungsstraße verglichen werden. Dabei wird der Urologe das Nebenhodenkanälchen mit einem Loch versehen und an dieser Stelle mit wenigen Stichen den Samenleiter verbinden. Anstatt einer Vasovasostomie spricht man nun von einer Tubulovasostomie oder auch mikrochirurgischen Vasoepididymostomie. Welche Methode individuell erforderlich ist, stellt sich immer erst im Verlauf der Refertilisierungsoperation heraus. So ist es naheliegend, dass ein Operateur grundsätzlich mit beiden Verfahren vertraut sein muss. Aus diesem Grund sollten sich interessierte Männer schon im Vorfeld mit beiden Möglichkeiten vertraut machen und sich durch einen entsprechend versierten Urologen operieren lassen.
Dieser mikrochirurgische Eingriff gilt unter Medizinern als besonders anspruchsvoll, da die Nebenhodenkanälchen den Samenleiter in der Größe noch unterbieten. Das Geschick und die Routine des Arztes entscheiden häufig über Erfolg und Misserfolg der Operation. Leider bleibt die Erfolgsquote der Tubulovasostomie auch bei sehr erfahrenen Ärzten ein Stück weit hinter einer klassischen Vasovasostomie zurück.
Nach der Refertilisierungsoperation
Die folgenden drei Tage nach der OP sollten gänzlich der Erholung dienen, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden. In dieser frühen Phase wird empfohlen, dass der Mann auch auf das Duschen verzichtet und bei der Köperhygiene den Bereich um den Hodensack ausspart. Die äußeren Nähte sind nach 1-2 Wochen verheilt. Die Samenleiterenden benötigen zur vollständigen Abheilung mindestens eine Woche länger. Bis dahin sollte auf alle schweren Aktivitäten und Sport verzichtet werden. Baden und Schwimmen sind ebenfalls erst wieder nach Ablauf von drei bis vier Wochen möglich.
Der Erfolg einer Refertilisierungsoperation wird erstmalig nach Ablauf von 4 Wochen mittels Spermiogramm getestet. Nach diesem Termin folgen weitere Untersuchungen, zwischen denen die zeitlichen Abstände weiter zunehmen (letztmalig nach 12 Monaten). Spätestens nach diesem Zeitraum sollten befruchtungsfähige Spermien festgestellt werden. Andernfalls kann davon ausgegangen werden, dass der Eingriff erfolglos war. In diesem Fall kann der Eingriff als Tubulovasostomie wiederholt werden oder die Spermiengewinnung durch MESA/TESE für eine künstliche Befruchtung erfolgen.
Chancen und Risiken
Sollte der Samentransport nur wenige Jahre unterbrochen gewesen sein, erreichen besonders erfahrene Spezialisten eine Erfolgsrate von etwa 90 Prozent. Doch auch bei weniger optimalen Voraussetzungen können einige Urologen die Durchlässigkeit vom Samenleiter in bis zu 70 Prozent der Fälle wieder herstellen. Daher lohnt es sich für Paare, umfassende Informationen einzuholen und einen kompetenten Operateur zu suchen. Ob sich nach einer wiederhergestellten Durchgängigkeit der Samenleiter auch der Kinderwunsch erfüllt, kann leider nicht garantiert werden. Insbesondere ältere Männer produzieren nach Jahren der Unterbindung oftmals viele deformierte oder kaum noch bewegliche Spermien. Ebenso ist das Alter der Frau natürlich ein entscheidender Faktor im Hinblick auf die künftige Schwangerschaft.
Aber auch mögliche negative Aspekte der OP sollten nicht verschwiegen werden. Sowohl die Vasovasostomie als auch die Tubulovasostomie sind minimalinvasive Eingriffe und mit vergleichsweise geringen Risiken verbunden. Trotzdem sind auch hier Komplikationen möglich, welche man ernst nehmen sollte. Im Anschluss an die Operation kann es u.a. zu Infektionen, Entzündungen, Blutungen und Schwellungen sowie einem erneuten Verschluss der Samenwege kommen. In extrem seltenen Fällen kann der Mann durch eine Infektion oder operationsbedingte Verletzung auch einen oder beide Hoden verlieren.
Kosten der Refertilisierungs-OP
Die Gesamtkosten für eine Refertilisierung bewegen sich im Bereich zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Interessierte Männer sollten sich vorab die im Preis enthaltenen Leistungen nennen lassen. Wird der Eingriff als medizinisch nicht notwendige Rückoperation einer Sterilisation durchgeführt, muss die Rechnung in der Regel vom Patienten getragen werden. Liegen der Operation jedoch gesundheitliche Schäden in Folge einer Vasektomie oder ein Samenleiterverschluss wegen Erkrankung zugrunde, besteht die Chance einer teilweisen oder vollständigen Kostenübernahme durch die Krankenkasse.